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Des Teufels drei goldene Haare

nach Grimm

Anhaltisches Theater Dessau

Premiere: 22.11.2012 | Uraufführung

 

Bühne:   Lisa Busse

Kostüme: Grit Walther  

Musik:   Gundolf Nandico

in einer Fassung von Andreas Rehschuh

verlegt beim henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin

 

mit:

Jan Kersjes, Patrick Rupar, Hans-Jürgen Müller-Hohensee, Antje Weber, Jenny Langner, Stephan Korves, Thorsten Köhler

© C. Heysel

Presse:

 

Fest der Bäuche und Perücken

 

"Oh Gott, ist der Teufel dick! Fliegenpilz-Suppe bläht offenbar. Doch das Märchen wird schlank auf die große Bühne gelegt, wie ein lebendiger Strich aus lockerem Handgelenk. "Des Teufels Drei Goldene Haare" hat am Donnerstag in einer bejubelten Premiere die Dessauer Vorweihnachtszeit eingestimmt. In der Bearbeitung und Inszenierung von Andreas Rehschuh gerät das Märchen der Gebrüder Grimm am Anhaltischen Theater zu einer feenhaften Illustration, maßvoll skurril, knisternd diabolisch und immer liebevoll. 

 

Rehschuh kitzelt die Glückshaut, die Grenze zwischen Innen und Außen, das Ohr jeder Berührung, schon indem er der Hauptperson Jakob (Patrick Rupar) einen treuen Begleiter zur Seite stellt, eine Figur, die jedes Kind ganz genau und ganz anders kennt, eine Puppe aus Kindertagen mit dem sprechenden Namen Jimini Mascotti. Mit diesem Gesellen wird der Weg in die Hölle geradlinig abwegig. Das Maskottchen des Glückskindes ist zugleich Mensch und Puppe, gespielt und geführt von Jan Kersjes, der so beweglich agiert wie die Puppe auf seiner Hand. 

 

Diese Figur ermöglicht es, fließend eingebunden zu erzählen, zu kommentieren, sie rafft und schafft Raum, Szenen ausführlich zu gestalten." ... "Bis auf Kersjes und Rupar wechseln die Schauspieler permanent die märchenhaften Kostüme (Grit Walther), die auf zauberhaft kauzige Art dem Kasperltheater entnommen scheinen. Es ist ein Fest der Perücken und Bäuche, ein Tanz der redenden Schuhe, eine skurrile Meuterei der Muster. Dabei gehören diese Figuren unbedingt auf diese Wunderland-Bühne (Lisa Busse), auf der die höfischen Blumen teuflisch gut gedüngt worden sind. 

 

Das Schloss gerät zum Sinnbild extravaganter Leichtigkeit, der vertrocknete Brunnen, der verdorrte Baum zu verwaisten elenden Orten. Und die Hölle fährt lohend aus dem Boden, während der tote Baum seine Wurzeln grundlos in der Unterwelt baumeln lässt. Wie von Geisterhand bewegt, erscheint auch der Wechsel der Bilder wie ein Stück Märchen..."

 

"...Stephan Korves serviert einen kniefälligen Minister und den Grobian unter den Räubern, fantastisch idiotisch. Thorsten Köhler gibt sich von Amts wegen zündend überkandidelt. Jenny Langner legt eine herzzerreißende Göre von Prinzessin und einen köstlich stotternden Nachwuchs-Räuber hin. Jakob erscheint wahrlich wie eine licht-blühende Glückshaut, Sinnbild des Urvertrauens, herrlich knabenhaft, ansteckend und ganz natürlich positiv. Auch diesem Teufel sollte man drei Haare aus falschem Gold gönnen. In seiner letzten Premiere vor der Pensionierung gönnt sich Müller-Hohensee einen distinguierten König, einen Räuber vor der Midlife Crisis und viel Teufel, ein Dickerchen zwischen donnerndem Despot und wimmerndem Wicht, der höllisch über den Pferdefuß humpelt. ..."

 

"...Antje Weber fährt Sessel und zeigt schlechthin die Großmutter aller, sonore Königen, starke Räuberin sowie teuflische Ellermutter, die Kreuzworträtsel zu lösen vermag, aber nicht die drei Fragen Jakobs. Deshalb gewinnt dieser die drei Haare und mit dem leuchtend dreieinigen Skalp die Erkenntnis. 

 

Der Rückweg inklusive Reparatur von Baum und Brunnen als Quelle des Lebens wird nahezu durchtanzt. Die ganze Inszenierung hat Rhythmus, eine märchenhafte Ankunft im angeborenen Glück, das sich nun nicht nur Jakob verdient hat. Mag der König in Ewigkeit rudern, Prinzessin Bella küsst Jakob. Aber was macht ein Teufel ohne Haar?"

 

Thomas Altmann

Mitteldeutsche Zeitung

 

Wenn die Großmutter in der Hölle rappt

 

"Die Besucher der Märchenpremiere im Anhaltischen Theater Dessau feierten am Donnerstag mit stürmischem Beifall die Akteure. Regisseur Andreas Rebschuh hat "Des Teufels drei goldene Haare" der Gebrüder Grimm in einer eigenen Fassung inszeniert.

 

Sieben Schauspieler machen in 17 Rollen erlebbar, wie sich für das Glückskind Jakob eine Weissagung erfüllt und er schließlich seine geliebte Prinzessin Bella heiraten darf. Auf der Reise ins Glück, gespickt mit vielen Abenteuern, stellt Andreas Rehschuh dem jungen Jakob (souverän Patrick Rupar) die für die anderen unsichtbare Puppe Jimini Mascotti (köstlich turbulent Jan Kersjes) zur Seite.

 

Die fantasievolle Bühne (Lina Busse) verwandelt sich wie von Geisterhand in die verschiedenen Szenenorte, verzaubert dabei mit vielerlei technischen Effekten. Da ist das geheimnisvoll anmutende Räuberversteck, in dessen Zentrum ein uriger alter hohler Baum mit allerlei "Sonderausstattungen" thront. Von der Erde führt über Treppen der Weg in die höllische Unterwelt mit schaurig flackernden Feuern in Öfen, über die Nebelschwaden ziehen.

Eigens für diese Inszenierung komponierte Gundolf Nandico eine die Märchenwelt bereichernde Musik. Grit Walther steckt die Akteure in wunderschöne farbenfrohe, oft auch satirisch überhöhte Kostüme mit prachtvollen Rokoko-Perücken, deren Anblick allein schon das Publikum begeistert.

 

Die sieben Darsteller laufen mit spürbarer Spielfreude zu großer Form auf, beweisen sich als wahre Komödianten, die jeder Rolle eine unverwechselbare Prägung verleihen.

Die gut zwei Stunden liefern dem Publikum durchweg großen Spaß. Die Dialoge sind sehr unterhaltsam, bergen hier und da auch gelungene unaufdringliche Anspielungen auf Heutiges. Köstlich gebärdet sich Hans-Jürgen Müller-Hohensee als König Klaus-Peter, der von zwei liebdienerischen Ministern (eindrucksvoll überdreht Stephan Korves und Thorsten Köhler ) umgeben ist. Er trägt ein Geheimnis mit sich und wird von Mutti Königin gegängelt.

 

Als Kevin bildet er zusammen mit Karl (Jenny Langner), Roderich (Thorsten Köhler), Horscht (Stephan Korves) und Antje Weber als Chefin Baba eine illustre Räuberbande, die auch einen für Jakob "lebenserhaltenden" Brief umformuliert. ...."

 

"... In der Hölle lebt der dickliche kindische naive Teufel (Hans-Jürgen Müller Hohensee). Das Sagen hat jedoch des Teufels Oma (Antje Weber), die ihrem Enkel einen vom Publikum begeistert mitgeklatschten hinreißenden Rap als Einschlaflied präsentiert.

 

Jakob setzt auf die Eitelkeit der Großmutter. So kommt er an die Haare und erfährt in dieser aktionsreichen Handlung auch die Lösungen der drei Unbilden.

Erfolgreich kehrt Jakob ins Schloss zurück. Bella freut sich. Der König ist zuerst entsetzt, doch als er mitgebrachtes Gold sieht, führt ihn seine Gier zum Job des ewigen Fährmanns. Zum Märchenende ist alles gut.

 

Es ist auffallend, dass hier die Frauen, ob als Königsmutter, Räuberanführerin, des Teufels Großmutter oder als Prinzessin, das Sagen haben, gewissermaßen die Frauenquote schon erfüllt ist. Aber - es ist eben nur ein Märchen."

 

Helmut Rohm

Volksstimme

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